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Eingliederungshilfe

Kinder und Jugendliche, die seelisch behindert oder von einer solchen Behinderung bedroht sind, haben Anspruch auf Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII. „Seelisch behindert" bedeutet, dass die seelische Gesundheit mit hoher, das heißt mit wesentlich mehr als einer fünfzigprozentigen Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweichen muss (nach § 35a Abs.1 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII). Eine Bedrohung besteht dann, wenn eine Beeinträchtigung der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (§ 35a Abs.1 Satz 2 SGB VIII).

Maßnahmen nach § 35a bzw. § 41 i.V.m. § 35 a SGB VIII setzen neben einer drohenden oder bereits vorhandenen seelischen Behinderung zusätzlich voraus, dass eine Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist (§ 35a Abs.1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII), das heißt, dass ein soziales Integrationsrisiko hinzutritt, das die Entwicklung des Kindes oder des Jugendlichen bzw. jungen Volljährigen, seine Eingliederung in die Gesellschaft und sein Heranwachsen zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit aller Voraussicht nach nicht unerheblich beeinträchtigen wird.

Für Schüler mit besonderen Schwierigkeiten beim Lernen des Lesens und Rechtschreibens (Legasthenie) bzw. der Mathematik (Dyskalkulie) gehen schulische Fördermaßnahmen vor. Reichen diese schulischen Mittel zur Förderung des Kindes nicht aus, ist dann eine Übernahme der Kosten für eine außerschulische Therapie möglich.

Die Eingliederungshilfe kann in verschiedener Form erfolgen, je nach Einzelfall:

  • ambulante Hilfe in Form z. B. einer Legasthenie- oder Dyskalkulietherapie (Rechtschreib-, Lese-, Matheschwäche)
  • teilstationäre Hilfe z. B. in Tageseinrichtungen für Kinder
  • vollstationäre Hilfe, d. h. in Einrichtungen über Tag und Nacht z. B. in therapeutischen Wohngruppen oder Heimen

Die Kosten der ambulanten Hilfe trägt das Jugendamt ganz, zu den teilstationären und vollstationären Hilfen werden die Eltern und ggf. die jungen Volljährigen in Form von Kostenbeiträgen herangezogen. Diese Beteiligung an den Kosten erfolgt unter Berücksichtigung von Einkommen, Belastungen, Anzahl der Familienmitglieder bzw. unterhaltsberechtigten Personen.

 

Seelische Behinderung

Unter dem Begriff „seelischer Behinderung“ können alle psychischen Störungen im Kindes- und Jugendalter zusammen gefasst werden, die sich einerseits als Entwicklungsstörungen gegenüber der geistigen Behinderung abgrenzen lassen und andererseits als chronische Störung (ggf. trotz einer begleitenden ärztlichen Behandlung) die psychosoziale Entwicklung und Integration des Kindes und Jugendlichen nachdrücklich beeinträchtigen.

Seelische Behinderungen lassen sich in drei große Bereiche unterteilen: 

  • schwere Neurosen
  • Autismus
  • Psychosen aus dem schizophrenen Formenkreis und auf die Grundstörung oder die schwer frühkindliche psychische Fehlentwicklung.

Die seelischen Behinderungen sind bei den Diagnosen auf Grundlage der Internationalen Klassifikation der Krankheiten (ICD) vor allem mit dem Buchstaben F versehen, z. B.

  • schwere Neurosen (ICD-10 F 4) 
  • Zwangsneurosen (ICD-10 F 42) 
  • Pubertätsmagersucht und andere Essstörungen (ICD-10 F 5)
  • Drogenabhängigkeit und Alkoholismus bei Jugendlichen (ICD-10 F 1) 
  • Frühkindlicher Autismus (ICD-10 F 84,0 und F 84,1) 
  • Hyperkinetisches Syndrom und Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom (ADS oder ADHS: ICD-10 F 90) 
  • Legasthenie = Lese- und Rechtschreibstörung (ICD-10 F 81.0) 
  • Isolierte Rechtschreibstörung (ICD-10 F 81.1)
  • Dyskalkulie = Rechenstörung (ICD-10 F 81.2)

Um Eingliederungshilfe zu erhalten, ist eine diagnostische Feststellung einer der dargestellten Formen einer seelischen Behinderung erforderlich, die durch einen Arzt oder eine Ärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie erfolgen sollte. Zudem muss die seelische Störung oder Krankheit auch tatsächlich zu einer erheblichen Behinderung bei der Eingliederung in die Gesellschaft führen oder der der Betroffene muss zumindest mit großer Wahrscheinlichkeit von einer solchen seelischen Behinderung bedroht sein.

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