Zwei Schulen als Vorbilder für Inklusion
Sonderpädagogisches Förderzentrum und Berufsschule erhalten Schulprofil.
Amberg-Sulzbach. Der kleine Leon besucht die 8. Klasse des Sonderpädagogischen Förderzentrums (SFZ) Sulzbach-Rosenberg. Sein Berufswunsch: Schreiner. Um das noch genauer zu hinterfragen, wird er im Laufe des Schuljahres noch ein bis zwei Wochen in einem Schreinerbetrieb praktizieren. Der praktische Unterricht im Bereich Holz an der Berufsschule Sulzbach-Rosenberg macht ihn bereits mit den schulischen Anforderungen in diesem Berufsfeld vertraut. Beide Schulen, das SFZ und die Berufsschule, arbeiten hier eng zusammen und übernehmen eine Vorbildfunktion in Punkto individueller Förderung von Schülern. Dafür erhielten beide Schulen vor wenigen Wochen vom Bayerischen Kultusministerium das Schulprofil „Inklusion“. Bei einem Pressetermin mit Landrat Richard Reisinger wurden Hintergründe dieses Projekts erläutert. Landrat Richard Reisinger betonte dabei, dass es viele richtige Wege der Inklusion gebe. Jedes Kind ist anders und jedes Kind ist besonders. „Inklusion ist er dann erzielt, wenn man nicht mehr darüber spricht“, so Landrat Richard Reisinger.
Der Schlüssel zu einer erfolgreichen Inklusion im Amberg-Sulzbacher Land liegt in der Kooperation. Schüler der Oberstufe am SFZ benötigen praktische Erfahrung, um ihren Platz im Berufsleben zu finden, weiß Gisela Lehnerer, Schulleiterin am SFZ. Schulisch werde dies unterstützt durch den Unterricht in den Fächern Technik und Soziales, während berufsorientierender Projekte, z.B. mit dem Kolping-Bildungswerk, und während Betriebspraktika. Durch die inklusive Zusammenarbeit mit dem Berufsschulzentrum Sulzbach-Rosenberg erhalten die Schüler des SFZ an der Berufsschule die Möglichkeit, praktische Erfahrungen zu sammeln. In ausgewählten Berufsbereichen erhalten sie einen praxisorientierten Einblick in die Anforderungen verschiedener Berufsfelder. In diesem Jahr sind dies die Bereiche Holz und Fleischerei, erklärt Lehnerer. Die Schüler erfahren so aus erster Hand, was beispielsweise während einer Ausbildung zum Schreiner auf sie zukommt.
Bereits seit mehreren Jahren zählt die individuelle Förderung aller Schüler zur vorrangigen schulischen Zielsetzung und ist fester Bestandteil der Schulkultur am Beruflichen Schulzentrum (BSZ), erläuterte dessen Leiterin Sabine Fersch. Konkret sieht die Umsetzung so aus: Für eine Schülergruppe des SFZ findet der Unterricht donnerstags in der Berufsschule statt. Die Gruppe wird durch eigene Lehrkräfte, aber auch durch Lehrkräfte der Berufsschule unterrichtet, weiß Claudia Hanft, die am BSZ das Projekt „Schulprofil Inklusion“ verantwortlich zeichnet. An der Berufsschule selbst würde sich der „Förderbedarf im Wesentlichen aufgrund emotional-sozialer Störungen und beim Lernen ergeben“. Rund 100 bis 150 förderbedürftige Schüler gibt es laut Hanft am BSZ. Beim Sonderpädagogischen Förderzentrum sind dies mehr; Gisela Lehnerer beziffert die Zahl an inklusionsbedürftigen Kindern auf 190. Durch die Kooperation der Schulen wurde hier bereits in der Vergangenheit ein erfolgreicher Weg eingeschlagen. Ein Weg, der nie zu Ende sein wird, wie es Landrat Richard Reisinger formulierte. Und so sind auch für die Zukunft weitere „gemeinsame, gewinnbringenden Projekte“ geplant. Die örtliche Nähe beider Sulzbach-Rosenberger Schulen ist hier natürlich ein klarer Standortvorteil, um die gegenseitige Partnerschaft zu stärken.
Für den kleinen Leon aus der 8. Klasse des SFZ bedeutet dies: In seinem letzten Schuljahr 2020/21 kann er aufgrund des praktischen Unterrichts eine bewusste Entscheidung für den Beruf des Schreiners treffen und einen Lehrvertrag unterschreiben. Sein letztes Betriebspraktikum im kommenden Schuljahr kann er dann bereits in seinem gewählten Ausbildungsbetreib absolvieren. Schüler und Betrieb lernen sich somit bereits vor der Ausbildung kennen. Die endet im Idealfall mit einer erfolgreichen Gesellenprüfung zum Schreiner.