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20.07.2021

Impfungen als Erfolgsstory im Kampf gegen tödliche Erkrankungen

Dr. Michael Scherer, Ärztlicher Leiter der Impfzentren AM/AS, rät dringend zu Corona-Schutzimpfungen.

Amberg-Sulzbach. Eine „Impfmüdigkeit“ gegen das gefährliche Coronavirus beobachtete zuletzt der Ärztliche Leiter der Impfzentren AM/AS und Chefarzt des BRK-Kreisverbands Amberg-Sulzbach, Dr. Michael Scherer. Angesichts steigender Inzidenzwerte rät er dringend zu Schutzimpfungen. Für Impfskeptischer hat er dagegen kein Verständnis.

Herr Dr. Scherer, beobachten Sie als Ärztlicher Leiter der Impfzentren AM/AS eine gewisse „Impfmüdigkeit“ bei den Menschen?

Absolut. Am 16. Juli 2021 erschienen im IZ Sulzbach-Rosenberg von 8 Uhr bis 17 Uhr lediglich 13 Personen ohne Termin und 9 Personen mit Termin zu Erst- oder Zweitimpfungen. Dafür wurden jeweils 2 Ärzte und zahlreiche Medizinische Assistenzkräfte und Verwaltungskräfte vorgehalten.

Haben Sie Verständnis für Impfskeptiker?

Überhaupt nicht. Die im Bereich der Europäischen Arzneimittelbehörde zugelassenen Impfungen gegen das Coronavirus SARS Cov-2 sind wirksam und sicher. Sie sind die am besten überwachten Impfungen in der Geschichte der Impfungen; die Geschichte der Impfungen ist eine Erfolgsstory im Kampf gegen tödliche Erkrankungen und reicht zurück bis 1000 Jahre vor Christus, wo in Indien erste Impfungen gegen das Pockenvirus vorgenommen wurden. Nebenwirkungen, auch ernsthafte wie z.B. Blutgerinnsel in Hirnvenen können – wie bei jeder anderen Impfung auch – auftreten, sind aber auch erfolgreich zu therapieren, sofern sie rechtzeitig erkannt werden.

Liegt es an der Jahreszeit, an den niedrigen Inzidenzwerten oder warum scheinen sich die Menschen weniger Sorgen angesichts einer möglichen Coronavirusinfektion zu machen als noch vor einigen Wochen?

Es liegt an der Sorglosigkeit des Sommers, den niedrigen Inzidenzwerten und an der Sehnsucht der Bürger nach „Normalität“ und Freiheit. Leider aber auch an den unreflektierten Äußerungen zahlreicher Politiker und meist selbst ernannten “Experten“ – darunter bedauerlicherweise auch Ärzte und Professoren, welche die nach wie vor bedrohliche pandemische Lage nicht erkennen (wollen) und möglicherweise auch einfachste statistische und mathematische Funktionen nicht interpretieren können.

Das Robert-Koch-Institut hält eine Impfquote von rund 85 Prozent für unerlässlich, um eine 4. Welle im Herbst zu verhindern. Schaffen wir das noch?

Ja, wir schaffen das, falls die derzeitige Impfmüdigkeit überwunden werden kann. Die Angebote sind da. Bei Hausärzten, Fachärzten, Betriebsärzten und in den Impfzentren. In den Impfzentren kann man ohne Termin erscheinen und sich eine Impfung jederzeit „abholen“.

Wer würden die Leidtragenden im Falle einer 4. Welle sein?

Alle nicht geimpften Personen, unabhängig vom Alter. Auch junge Menschen haben ein Risiko für einen gefährlichen Verlauf, wenngleich natürlich ein höheres Lebensalter häufiger mit schwerer Erkrankung, Krankenhauseinweisung oder Tod einhergeht.

Die Delta-Variante ist auch im Landkreis Amberg-Sulzbach angekommen. Für wie gefährlich halten Sie dieses Virus?

Die Delta Variante ist wesentlich ansteckender als die Alphavariante des Coronavirus. Verfügbare Studien aus Kanada und Schottland beobachteten eine höhere Anzahl an schweren Verläufen bei der Delta-Variante. Hingegen zeigen Daten aus England – wo die Delta Variante vorherrscht – erfreulicherweise eine geringere Sterblichkeit.

Was wissen Sie über Post-Covid bzw. Long-Covid bei der Delta-Variante?

Hierzu stehen noch keine aussagekräftigen wissenschaftlichen Daten zur Verfügung.

Wie gut sind Geimpfte bzw. vollständig Genesene gegenüber der Delta-Variante geschützt?

Zweifach mit den in Deutschland zugelassenen Impfstoffen geimpfte Personen sind nach der wissenschaftlichen Datenlage zu über 90 Prozent vor schweren Verläufen einer Coronaerkrankung geschützt. Genesene benötigen unbedingt eine einzige „Boosterimpfung“, welche nun bereits 4 Wochen nach Genesung verabreicht werden kann.

Welche Personengruppen sind besonders gefährdet?

Menschen mit ernsthaften Vorerkrankungen wie Diabetes mellitus, Bluthochdruck, Herzschwäche, Niereninsuffizienz, Krebserkrankungen und Immunschwäche. Weiterhin sind besonders gefährdet Personen mit erheblichem Übergewicht und auch Männer und Frauen in höherem Lebensalter. All diese Risikogruppen müssen unbedingt zweimal geimpft sein.

Seit dem 7. Juni können sich in Deutschland Kinder und Jugendliche ab 12 Jahren gegen das Coronavirus impfen lassen. Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt den Impfstoff aber nur bestimmten Risikogruppen mit Vorerkrankungen. Welchen Rat geben Sie besorgten Eltern?

Die betroffenen Kinder und Jugendlichen sowie ihre Eltern sollten sich beim behandelnden Kinder- und Jugendarzt beraten lassen. Falls Vorerkrankungen oder Risikofaktoren bestehen, rate ich persönlich zur Impfung. Für gesunde Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren kann auch ich keine generelle Impfempfehlung geben. Es sind noch nicht genügend wissenschaftlich Daten verfügbar.

Wird es für Schülerinnen und Schüler von Abschlussklassen und Vorabschlussklassen ein besonderes Impfangebot geben?

Im September könnte es nach meiner Auffassung für Abschlussklassen in Mittel- und Realschulen sowie für Oberstufenklassen der Gymnasien und für die Fachoberschulen ein spezielles Impfangebot in ihrer jeweiligen Schule geben. Sinnvoll ist ein solches Angebot nur, falls Schüler ab dem Alter von 16 Jahren ausdrücklich einbezogen sind. Hier warten wir auf eindeutige Aussagen der STIKO und der Bayerischen Staatsregierung. Voraussetzung ist weiterhin, dass die mobilen Teams der Impfzentren dann noch einsatzbereit sind.

Die Sommerreisezeit steht vor der Tür und damit lauert die Gefahr, dass sich eine weitere Coronamutation, die Lambda-Variante aus Südamerika, in Deutschland verbreitet. Was weiß man über diese Mutante?

Bisher (Stand 14.07.2021) wurden in Deutschland etwa 100 Fälle der aus Lateinamerika stammenden „Lambda-Variante“ diagnostiziert. Der Anteil an der Gesamtzahl der Infektionen liegt derzeit bei nur 0,1 Prozent. Die wenigen vorliegenden Daten sprechen dafür, dass die Variante noch etwas ansteckender sein könnte. Die zur Verfügung stehenden Impfstoffe scheinen auch gegen die Lamda-Variante einen ausreichenden Schutz zu bieten. Es besteht somit kein Grund zur Panik. Unabhängig davon sollte jeder Bürger vorsichtig bleiben und die sinnvollen Schutzmaßnehmen weiter beherzigen (Abstand, Hygiene, Maske).

Was halten Sie von sogenannten „niederschwelligen Impfangeboten“ und wo in der Region können Sie sich diese vorstellen?

Das niederschwelligste sinnvolle Impfangebot ist in unserer ländlichen und klein- und mittelstädtischen Region die Impfung beim Hausarzt. Ich halte persönlich überhaupt nichts davon, ein Bierzelt in der Fußgängerzone, in der „Systemgastronomie“ oder vor dem Supermarkt aufzustellen, damit man seine Impfung „mitnehmen“ kann, wenn man einkaufen oder Kaffeetrinken geht. Die Impfzentren sind täglich ohne Terminanmeldung offen. Dennoch werden auf ausdrücklichen Wunsch der zuständigen Ministerien weitere Impfangebote an den genannten Orten kommen. Es bleibt abzuwarten, inwieweit diese Angebote angenommen werden.

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