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23.12.2022

Über Krisen, Wünsche und ein nicht veganes Weihnachten

Landrat Richard Reisinger im Gespräch.

Herr Landrat, was hat Sie in diesem Jahr besonders bewegt?

Auf weltpolitischer Ebene war es sicherlich die Nacht zum 22. Februar, als erste Nachrichtenagenturen über die Vorbereitungen Russlands zum Einmarsch in die Ostukraine berichteten. Mir ging es da wie wohl vielen Zeitgenossen, ich war zunächst einmal bestürzt und erschrocken, dass ein Angriffskrieg im vermeintlich zivilisierten und aufgeklärten Europa ausgelöst wurde. Ich sah die Friedensarbeit der Nachkriegszeit, die Auflösung der klassischen Ost-Westblöcke, die wir seinerzeit spätestens mit der Wiedervereinigung gefeiert hatten, jäh zertrümmert.

Auf lokaler Ebene bewegen einem natürlich die Verluste von Weggefährten und Freunden, beispielsweise der Tod meines langjährigen Stellvertreters Franz Birkl. Freud und Leid lagen aber auch in diesem Jahr eng zusammen.

Im positiven Sinne haben mich glücklicherweise auch viele Momente bewegt. So gab es auch wieder viele gewohnte Begegnungen innerhalb von Gruppen und Vereinen nach einer doch langen Zeit der „Covid-Karenz“.

Von Frühjahr bis Sommer haben wir beispielsweise an acht Ehrungsabenden 383 aktive Feuerwehrfrauen und -männer ausgezeichnet, die freiwillig, unentgeltlich und in ihrer Freizeit für ihre Mitmenschen, die in Not geraten sind, ausgerückt sind. Zudem konnte ich eine stattliche Anzahl an aktiven BRK- und THW-Mitglieder, altgediente Feldgeschworene ehren und Bundesverdienstorden und Ehrenzeichen des Bayerischen Ministerpräsidenten aushändigen.

Überhaupt kam all das ehrenamtliche Engagement in Vereinen und Organisationen wieder verstärkt an das Tageslicht, darüber habe ich mich sehr gefreut.


Gab es auch etwas, worüber Sie sich köstlich amüsiert haben?

Da ich von Natur aus ein humorvoller Mensch bin, sprechen mich am meisten die täglichen komischen Alltagssituationen an, ganz im Sinne von Gerhards Polt „Fast wia im richtigen Leben“. Da werde ich meistens fündig und glücklicherweise kann ich am meisten über mich lachen.


Dem muss natürlich die Frage folgen, worüber Sie sich womöglich geärgert haben?

Da mir hier spontan nicht gleich etwas einfällt, ist mir scheinbar größerer Ärger erspart geblieben oder ich habe ihn schon erfolgreich verdrängt.


Wir erleben derzeit eine regelrechte Krisenpermanenz mit Pandemie, Klimakrise, Krieg in der Ukraine, Inflation etc. Als Landrat stehen Sie in diesem Spannungsfeld an der Spitze, um die Situation vor Ort bestmöglich zu gestalten. Wie ordnen Sie diese Herausforderungen ein und welche Stimmung nehmen Sie im Landkreis wahr?

Wir hatten tatsächlich schon mal ruhigere Zeiten. Die Pandemie hat uns viel Disziplin und vor allem soziale Entbehrungen abgefordert, der Krieg in der Ukraine berührt uns im Herzen und die Inflation und die Energiemangellage tragen zur Verunsicherung von Verbrauchern und Unternehmen gleichermaßen bei.

Ich denke, wir stehen schon an einer Zeitenwende, an der wir uns von gewohnten Standards eine Zeit lang verabschieden müssen.

Was die Haushaltsausgaben des Landkreises Amberg-Sulzbach betrifft, heißt meine Botschaft Konsolidierung und Stabilisierung dessen, was wir geschaffen haben, also den Wohlstand in unserer Region bewahren und die Prosperität mit den ökologischen Zielen sinnvoll und nachhaltig vereinen. Das ist allerdings in diesen Zeiten der Preissteigerungen und sinkenden Einnahmen äußerst schwierig. Ich bin froh, dass wir in den zurückliegenden Jahren und Jahrzehnten ordentlich gehaushaltet und vieles auf den Weg gebracht haben wie etwa die Sanierung unserer Schulen, die Stabilisierung des Kommunalunternehmens „Krankenhäuser des Landkreises Amberg-Sulzbach“, die Sanierung des Bergbau- und Industriemuseums Ostbayern und Kultur-Schlosses Theuern, die Instandhaltung unseres Kreisstraßennetzes und der Ausbau weiterer Radwege. Basis und Grundlage dafür waren und sind das politische Miteinander in den Kreisgremien sowie in der Zusammenarbeit mit den Städten und Gemeinden. Das zu pflegen, ist auch weiterhin meine feste Absicht. Dann schaffen wir es auch, schwierigere Zeiten gemeinsam durchzustehen.


Rund 1.000 Ukrainer leben derzeit im Landkreis Amberg-Sulzbach und haben hier Zuflucht gesucht. Welche Auswirkungen hat das auf den Landkreis und seine Bewohner?

Für Flüchtlinge, die zu uns kommen bzw. uns zugeteilt werden, sind wir von Amts wegen zuständig. Aber auch aus humanitären Gründen tun wir das aus Überzeugung. Letztlich sind die meisten, die bei uns Schutz oder schlichtweg Lebensperspektiven suchen, nicht die Verursacher, sondern Opfer.

Gleichzeitig stoßen wir jedoch sehr deutlich an unsere logistischen Grenzen. Der Wohnungsmarkt ist bei uns mehr als angespannt.

Wir erfahren im Landkreis immer noch eine große Solidarität, weil private wie kommunale Anbieter nachhaltige Integrationsarbeit leisten, Zugänge zum Ausbildungs- und Arbeitsmarkt schaffen oder zum Beispiel durch Spenden helfen. Natürlich müssen wir auch die Sorgen und Ängste unserer Bevölkerung in diesen nicht leichten Zeiten besonders im Blick haben, damit wir niemanden überfordern oder benachteiligen. Von sozialen Verwerfungen sind wir dank gefestigter Strukturen derzeit noch weit entfernt. Und ich hoffe, dass das so bleibt. 


Wird man irgendwann „krisenmüde“?

„Krisenmüde“ werden mein Team und ich nicht. Es ist vor allem wichtig, dass man sich nicht an die Krisenmodi gewöhnt, sondern immer wieder auf das Neue seine Sinne schärft und die notwendigen Katastrophenabläufe kritisch hinterfragt.

Die Sehnsucht nach einem Stück weit mehr Normalität wächst dabei unaufhörlich.

Was entgegnen Sie Menschen, die nicht so routiniert und ängstlich hinsichtlich der Inflation oder klimatischer Veränderungen sind?

Auf die Entwicklung der Inflation haben wir als Landkreis natürlich keinen Einfluss. Ein Punkt mag da sein, dass wir im Vergleich zu anderen Regionen doch noch in einer eher günstigen Gegend mit gleichzeitig hohen Standards leben. Dennoch wird unser aller Wohlstand, solange die Inflation hoch bleibt, merklich geschmälert. Und das Schmerzvolle dabei ist, dass jene, die bereits in vermeintlich prosperierenden Zeiten materielle Sorgen hatten, unter besonders erschwerten Bedingungen ihren Lebensunterhalt bestreiten müssen.

Was das Klima angeht, verfolgt der Landkreis seit Jahren ernsthaft und mit vielen Akteuren und Projekten über die zentrale Drehscheibe „ZEN“ (Zentrum für erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit) in Ensdorf eine differenzierte und effiziente Nachhaltigkeitsstrategie, die auf verschiedenen Ebenen Früchte trägt. Das führt im Übrigen dazu, dass nicht nur Ressourcen gespart werden, sondern auch der Grad der Selbstversorgung mit qualitativ hochwertigen Lebensmitteln sowie allen angeschlossenen Wertschöpfungsketten verbessert wird. Diese Entwicklung bewerte ich als sinnstiftend, und alles, was Sinn ergibt, konterkariert irrationale Ängste.


Welches Buch haben Sie 2022 gelesen?

Da ich mit dem in Frankreich lebenden schottischen Erfolgsautor Martin Walker zum wiederholten Male eine Autorenlesung gestalten durfte, stand sein Kriminalroman „Tête-à-Tête“ auf meiner persönlichen Leseliste an erster Stelle. Genossen habe ich aber auch das Vorlesen aus Kinderbüchern in der Stadtbibliothek Sulzbach-Rosenberg, an der Grund- und Mittelschule Hirschau und am Sonderpädagogischen Förderzentrum in Sulzbach-Rosenberg anlässlich des bundesweiten Vorlesetags im November.


Sie sind seit Ihrer Kindheit in der Pfarrgemeinde St. Marien in Sulzbach-Rosenberg aktiv. Was bedeutet für Sie als Christ die Advents- und Weihnachtszeit?

Die Advents- und Weihnachtszeit versuche ich, intensiv kirchlich mitzuerleben, auch wenn ich in dieser Zeit mit Jahresschlussevents, Rest- und Aufräumarbeiten sowie dem Weihnachtskartenmarathon beschäftigt bin. Die Geburt Christi und der österliche Auferstehungsglaube sind für mich wesentliche Säulen in meiner Lebensorientierung.

An zwei Tagen war ich traditionell als Nikolaus in zwei Altenheimen und in einem Kindergarten unterwegs. Das erdet und lenkt den Blick auf das Wesentliche!

Traditionell verrichte ich am Hl. Abend in der Mitternachtsmette den Mesnerdienst auf dem Annaberg. Diese Aufgabe hat mir noch niemand streitig machen wollen. Aus der zugigen und kalten, unbeheizten Sakristei lausche ich dann den vertrauten Klängen der Stubenmusik und des Heimat- und Trachtenvereins Stamm Sulzbach. Spätestens da ist dann auch für mich Weihnachten! Ich bin ansonsten ein nachhaltiger Gottesdienstbesucher mit einem „Stammplatz“ in der letzten Bank.


Wie sieht Weihnachten im Hause Reisinger aus? Klassisch mit Christbaum und Gänsebraten am 1. Weihnachtsfeiertag?

Tatsächlich sehr klassisch und „nicht-vegan“ mit einem von mir bereits aufgestellten Christbaum, sauernen Bratwürsten am Hl. Abend, Gänsebraten am 1. Feiertag und Resteessen am 2. Weihnachtsfeiertag. Dazwischen viel Kirche. Danach schlechtes Gewissen und viele sportliche Vorsätze.


Was ist Ihr Lieblingslied zur Weihnachtszeit? Und was ist Ihr TV-Klassiker?

Da würden mir auf Anhieb ein Dutzend vertrauter Weisen einfallen. Mein ungefähres Ranking:   „Tochter Zion“, „Adeste Fideles“. „Transeamus usque Bethlehem“ und „Maria durch den Dornwald“. Als ehemaliger Französischlehrer höre ich zudem gerne „Petit Papa Noël“

Mein TV-Klassiker ist von jeher „Der kleine Lord“!


Über welches Weihnachtsgeschenk würden Sie sich am meisten freuen?

Einfach etwas (mehr) Muße und Freizeit zu haben, das wäre das schönste Geschenk.


Ihre Weihnachtswünsche für die Bürgerinnen und Bürger des Landkreises lauten?

Ich wünsche allen ein friedvolles und gesegnetes Weihnachtsfest und für das neue Jahr neben Gesundheit und Lebensglück wieder etwas mehr Normalität, etwas mehr Hoffnung und vor allem Frieden auf der Welt!


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